Haushaltsrede von Herbert Speyerer im Dezember 2024

Eine Vorbemerkung aus aktuellem Anlass: der Bundeskanzler hat gestern in der Debatte zur Vertrauensabstimmung gefordert: „Anstand und Ernsthaftigkeit in der politischen Auseinandersetzung“. Stattdessen wurde die Debatte dann aber in aggressiver und ehrverletzender Form mit gegenseitigen Schuldzuweisungen geführt. Ich bin sehr froh, dass wir hier im Bendorfer Stadtrat respektvoll miteinander umgehen.

Für mich war die dreistündige Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses – geprägt von der Solidarität der demokratischen Parteien und Wählergemeinschaften – eine Sternstunde der Kommunalpolitik ! Das Motto: alle ziehen gemeinsam an einem Strang in die gleiche Richtung, um nach drei Stunden gemeinsamen Suchens und Ringens folgende Ziele zu erreichen, was letztlich auch gelungen ist:

  • ein ausgeglichener und damit genehmigungsfähiger Ergebnis-Haushalt,
  • eine aufkommensneutrale Erhöhung der Grundsteuer B, d.h. 650 Punkte statt der von der Verwaltung vorgeschlagenen 700 Punkte,
  • eine geringfügige Erhöhung der Gewerbesteuer nach 5 Jahren nach 5 Jahren des gleich gebliebenen Hebesatzes, d.h. 720 statt 710 Punkte,
  • Durchforsten des Haushalts, um nochmals ca. 150.000,- € zu finden, damit keine höhere Steuerbelastung nötig wird.

Dies alles und insbesondere der erste ausgeglichene Ergebnis-Haushalt seit 200, gelungen in einer ganz schwierigen Ausgangslage für die Kommunen. Hierzu zwei Zitate von Fachleuten.

Der Präsident des dt. Landkreistages, Landrat Brötel, hat in einem Gastbeitrag für die Dezember-Ausgabe der Deutschen Richterzeitung geschrieben: „Die Kommunen brauchen dringend Hilfe. Die Gemeinden, Städte und Landkreise sind das Fundament, das unseren gesamten Staat trägt und ihn vor allem auch immer wieder neu mit Leben erfüllt. Wenn irgendetwas wirklich immer verlässlich funktioniert hat, dann ist es zweifelsohne die kommunale Bank gewesen. Wir stehen für lösungsorientiertes, zupackendes Handeln und damit zugleich auch für Verlässlichkeit vor Ort. Wenn dieses Fundament zu bröckeln beginnt, ist das deshalb ein Alarmsignal …. Die gesamte kommunale Ebene prognostiziert für das laufende Jahr sogar einen Fehlbetrag von 13,2 Milliarden €.“

Der Präsident des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz, Marcel Hürter, am 29.11.2024 im Kommunalbericht 2024: „Die Haushaltsplanungen der Kommunen stimmen pessimistisch, es droht eine Fortsetzung der Schuldenmisere. Besonders alarmierend: bei den Planungen für das Jahr 2025 könnten fast 80% der Kommunen ihren Haushalt nicht ausgleichen. Die Anfang 2023 beschlossene Reform des Finanzausgleichs hat ihr Ziel verfehlt.“

Das Damokles-Schwert der Kommunalaufsicht, was über uns schwebt, zwingt uns leider zu Steuererhöhungen, wobei wir in Bendorf bei der Grundsteuer B sogar noch die Aufkommensneutralität einhalten. Laut aktuellem Redebeitrag von MdL Wefelscheid im Koblenzer Stadtrat planen folgende Städte die nachstehenden Grundsteuer-Erhöhungen:

  • Mainz von 480 auf 600,
  • Pirmasens von 570 auf 700,
  • Kaiserslautern von 610 auf 985,
  • Trier von 550 auf 600,
  • Lahnstein von 480 auf 990.
  • Koblenz hat übrigens die Gewerbesteuer von 420 auf 440 Punkte erhöht.

Deshalb ist es außerordentlich positiv zu bewerten, dass Bendorf jetzt erstmals einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt verabschieden kann. Die Voraussetzung dafür ist allerdings in den letzten Jahren gelegt worden. Wir als FDP-Fraktion sind stolz darauf, vor 5 Jahren 2 Gremien beantragt zu haben, die dann vom Stadtrat auch einstimmig beschlossen wurden:

  • die Haushaltsstrukturkommission und
  • den Jugendbeirat.

Jetzt ernten wir die Ergebnisse von deren Arbeit: die Anerkennung der positiven Strukturveränderungen führten zur Genehmigung der unausgeglichenen Etats 2023 und 2024. Schon 2023 konnte statt des prognostizierten Defizits von 2,4 Mio ein Überschuss von 3,7 Mio € erzielt werden. Und die engagierte Arbeit der Mitglieder des Jugendbeirats hat dazu geführt, dass wir 250.000,- € für Spielplätze, 150.000,- € für eine Multi-Sportanlage und die Ausweisung weiterer Fahrradwege einplanen.

Wir als FDP-Fraktion sind aber auch noch stolz auf ein weiteres Projekt, das wir gegen den Vorschlag der Verwaltung durchsetzen konnten: die Beteiligung am Projekt „Gemeindeschwester plus“, das jetzt angelaufen ist. Wenn auch nur ein betagter Bürger in unserer immer älter werdenden Gesellschaft auf Grund der Hilfe der „Gemeindeschwester Plus“ zu Hause statt in einem Heim verbleiben kann, hat sich der geringe städtische Kostenanteil bereits ausgezahlt.

Eine Analyse des vorgelegten Haushaltsplans ergibt beispielhaft:

  • durch die Übernahme von Liquiditätskredite seitens des Landes ist eine Entschuldung iHv. ca. 9,5 Mio € eingetreten.
  • Die Netto-Personalausgaben steigen nur moderat um knapp 2,0 %.
  • Zahlreiche Investitionen sind (teilweise mit Bundes- oder Landeszuschüssen iHv. 90 oder 100%) vorgesehen, z.B. die erfolgreiche Aufnahme in das Städtebauförderprogramm „Lebendige Zentren – lebendige Stadt“, die Sanierung der Mehrzweckhalle in Sayn, die Innenstadtsanierung mit dem Ausbau der Hauptstraße, 928.500,- € für die Aufwertung von Stadtpark und Schlosspark. Darüber hinaus haben wir die Weichen gestellt für die Neunutzung des bisherigen Krankenhaus-Areals, einem „Filetstück“ in der Stadtmitte.

Der Entwurf des Haushaltsplans zeigt aber auch: erstmals seit vielen Jahren haben wir einen (leichten) Rückgang der Einwohnerzahlen: von 17.800 auf 17.737, und dies trotz hoher Nachfrage nach Wohnungen. Die FDP tritt deshalb für eine Fortführung aller begonnenen Bebauungspläne ein mit der Erwartung, dass die gesunkenen Kreditzinsen zu einer Umsetzung von Bauplänen bei mehreren Investoren führen. Dies würde nicht nur zu mehr Wohnraum führen, sondern auch zu einem höheren städtischen Anteil an der Einkommenssteuer.

Die Erarbeitung des Haushalts war arbeitsintensiv und nicht vergnügungssteuerpflichtig. Aber sehen wir das Positive: dadurch muss die Stadt bei Einnahmen aus der Vergnügungssteuer auch keine Ausgaben bei dieser Steuer bilanzieren.

Die FDP-Fraktion wird dem Haushalt und der Haushaltssatzung zustimmen. Wir bedanken uns bei den Kollegen und Kolleginnen der anderen Fraktionen für die sachorientierte Zusammenarbeit und bei der Verwaltung, insbesondere dem Fachbereich 2 für die Arbeit am vorliegenden Haushalt.