Wir wissen aus der deutschen Geschichte, dass manche Städte und Regionen reich geworden sind, indem sie neben der Gewährung der Religionsfreiheit Grundsteuern für einen längeren Zeitraum erlassen und dadurch neue Bürger angesiedelt haben.
Bekannt ist zum Beispiel die Ansiedlung der Hugenotten in Brandenburg, die den späteren preußischen Wohlstand begründet haben. Ein besonders gutes Beispiel bietet auch die Stadt Neuwied, wo Graf Johann Friedrich Alexander 1760 verkünden ließ: „Wer zu Neuwied ein Haus bauen will, dem wird ein räumlicher anständiger Platz geschenkt und gratis angewiesen.“ Die Ansiedlung von Mennoniten, Juden und insbesondere der Herrnhuter Brüdergemeine trug dann maßgeblich zum Aufbau der neu gegründeten Stadt Neuwied bei.
Von den heute Regierenden, Rechnungshof und Aufsichtsbehörden hören wir das Gegenteil. Eine Erhöhung der Grundsteuer B auf knapp 1000% wäre angeblich zumutbar und auch verfassungsgemäß, so Innenminister Ebling. 114 Kommunen, darunter drei Landkreise, im Land hatten zur Jahresmitte noch keinen genehmigten HH; die Folgen: blockierte Investitionen, keine freiwilligen Leistungen und frustrierte Kommunalpolitiker.
Im Bericht des Rechnungshofs vom 25. 11. 2019 heißt es: „Das Gebot des HH Ausgleichs steht nicht unter dem Vorbehalt von Akzeptanz und politischer Durchsetzbarkeit (der Bürger). Der Bürgermeister ist gemäß § 42 Abs. 1 GemO verpflichtet, Beschlüsse des Stadtrats, die nicht ausgeglichen und daher evident rechtswidrig sind, auszusetzen.“
Wir sind deshalb in diesem Jahr durch die Direktive des rheinland-pfälzischen Innenministeriums gezwungen, Steuern zu erhöhen. Ich wiederhole deshalb meine Kritik an der nicht ausreichenden Finanzierung der Kommunen in unserem Land aus meiner HH Rede zum Kreis HH 2023, wonach wir ehrenamtlich Tätigen den Unmut der Bürger zu spüren bekommen für Vorgaben, die in Brüssel, Berlin und Mainz beschlossen wurden.
Die FDP Fraktion hat auf Grund der schwierigen Bendorfer HH Lage immer den Schwerpunkt ihrer Arbeit darauf angelegt, Einnahmen zu steigern und Ausgaben zu senken. Die auf unseren Antrag hin eingerichtete HH Strukturkommission mit einer externen Vorsitzenden hat uns nicht nur wiederholt das Lob der Kommunalaufsicht eingebracht, sondern sicher auch zur Genehmigu ng des unausgeglichenen HHs im laufenden Jahr beigetragen. Die Ausweisung von Gewerbegebieten hat zu erheblichen Gewerbesteuer Einnahmen geführt, die Ausweisung von Wohngebieten erhöht unseren Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer. Ein Ärgernis bleibt aber: dass durch Personal Engpässe seit mehreren Jahren die Neukalkulation der Friedhofsgebühren verschoben wurde, und jetzt in 2024 erfolgen soll.
Ich zitiere hierzu auszugsweise den Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses vom 31 8. 2021, also vor ca. 2 ½ Jahren: „Seit vielen Jahren wird von Seiten des Rechnungsprüfungsausschusses immer wieder darauf hingewiesen, dass die Bewirtschaftung der Friedhöfe kostendeckend erfolgen muss Es war festgesetzt, dass das Thema in 2020 bearbeitet wird . Dies ist nicht geschehen. Bei vielen Beanstandungen des Rechnungsprüfungsausschusses wird immer wieder mit Personalmangel die Nichterfüllung von Aufgaben begründet. Es ist dringend erforderlich, die Einnahmeseite priorisiert zu behandeln und kostendeckende Konzepte umgehend zur Beschlussvorlage dem Rat vorzulegen.“
Gleiches gilt für die Konzeptvergabe der Gebäude Koblenz Olper Straße 175 und der ehemaligen Gaststätte „Vater Rhein“, im April 2022 beschlossen, die nun endlich in der heutigen Sitzung erfolgen sollte, aber wegen der Erkrankung des zuständigen Mitarbeiters jetzt im Februar 2024 auf der TO stehe soll.
Die FDP Fraktion wird beantragen, dass die Verwaltung noch vor dem Ende der Amtszeit dieses Stadtrats, also im Mai, darüber berichtet, in welchem Stadium sich diese Maßnahmen befinden.
Wir werden ebenfalls für die letzte Stadtratssitzung unserer Amtszeit, also ebenfalls für Mai 2024, einen Sachstandsbericht über die Planung der von uns beantragten und im Sommer 2023 vom Stadtrat einstimmig beschlossenen Fotovoltaikanlage auf dem
Dach der Bodelschwingh Schule einfordern , denn während die Kosten für eine Fotovoltaikanlage auf einem Kita-Gebäude bei KIPKI angemeldet worden sind, also voraussichtlich zu 100% gefördert werden, finden sich für die Anlage auf der Schule in Mülhofen an versteckter Stelle nur vorgesehene Kosten einer Vorplanung iHv. 15.000, €, und zwar für Windenergie und Fotovoltaikanlagen (so die Auskunft der Verwaltung, siehe S. 538, Buchungsstelle 562900). Je schneller diese Anlage auf dem Schuldach errichtet wird, umso schneller amortisiert sie sich durch die Einsparung von Stromkosten.
Mit der Fraktionsspitze der CDU haben wir außerdem abgesprochen, Anfang 2024 einen Antrag einzubringen, wonach geprüft werden soll, ob sich der untere Teil der Liegewiese im Schwimmbad dafür eignet Wohnmobilstellplätze dort einzurichten. Wir haben diese Idee bereits vor ca. 10 Jahren eingebracht, aber eine Umsetzung ist nicht erfolgt, während zahlreiche Nachbarkommunen dadurch erhebliche Einnahmen erzielen.
Ärgerlich ist auch, dass wir den Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses für das Jahr 2022, obwohl schon seit 3 Monaten fertiggestellt, nicht heute im Zusammenhang mit der HH Verabschiedung beraten können, weil wiederum wegen Personalmangels noch die Stellungnahme der Verwaltung hierzu fehlt.
Vor kurzem konnte die Sanierung der Kaimauer, 2. Abschnitt, mit einem Millionenzuschuss des Landes gefeiert werden. Die geplante Transformation unseres Industriehafens zu einem „Wasserstoffzentrum des nördlichen Rheinland Pfalz“ zeigt, dass wir alle Bendorf erfolgreich weiter entwickeln wollen. Bei der Abschlussveranstaltung „HyStarter Bendorf Entwicklung einer Wasserstoffstrategie für Bendorf und die Region“ am 27. 0 9. 2023 wurde dargelegt, dass in den vergangenen 15 Monaten mit mehr als 45 regionalen Akteuren aus Privatwirtschaft, kommunaler Verwaltung, Verbänden und Politik ein Plan entwickelt und abgestimmt wurde, wie Bendorf und die gesamte Region den Hochlauf einer grünen Wasserstoff Wirtschaft organisieren möchte. Ein sehr ambitioniertes zeit- und personalintensives Vorhaben. Hier empfehle ich den in der dazugehörenden Broschüre enthaltenen Bericht, wie unsere Stadt 2035 aussehen könnte und welche ökonomischen Impulse dann geschaffen sein könnten.
Auf den ersten Blick eine Mehrausgabe, langfristig aber auch eine Einsparung: wir haben uns ja auch erfolgreich für die Beteiligung am Landesprogramm „Gemeindeschwester plus)“ ausgesprochen, was uns jährlich € 15.000 kostet und als freiwillige Ausgabe seitens der Verwaltung nicht befürwortet worden ist. Eine solche Fachkraft soll, so heißt es in dem Programm, vor allem ältere Menschen dabei unterstützen, weiter im eigenen Haushalt zurechtzukommen. Wenn auch nur ein(e) ältere(r) Mitbürger(in) dad urch zu Hause verbleiben kann anstatt hohe Unterbringungskosten in einem Alten- oder Pflegeheim zu verursachen, hat sich dieser Betrag bereits ausgezahlt, ganz abgesehen von der menschlichen Komponente einer individuellen Betreuung älterer Menschen.
Trotz sehr angespannter HH Lage unterstützt die FDP Fraktion weiterhin die Zukunftsprojekte, um Bendorf als liebenswerte Kleinstadt am Rhein attraktiv zu machen für Bürger, für Gewerbetreibende, für Touristen. MobiHub zum geplanten Bahnhaltepunkt, RegioHub mit dem Ziel des Umbaus des Ideenkinos auf Kosten des Landkreises durch das Programm „Smart Cities“, eine sog. „Mobilitätsstation am Stadtpark“, der Antrag auf ein neues Städtebau-Förderprogramm, die Pläne zur Neugestaltung der Hauptstraße, das „Dorferneuerungsprogramm Stromberg“, aber natürlich auch die Sanierung der Mehrzweckhalle Sayn, für die jetzt endlich der
schriftliche Förderbescheid vorliegt, das Spiel- und Freizeitflächenkonzept, der Ausbau der Kindergärten und Grundschulen, eine kommunale Wärmeplanung all das sind Stichworte und Beispiele, wohin sich Bendorf entwickelt.
Und damit sich Bendorf positiv weiter entwickeln kann, benötigen wir einen genehmigungsfähigen HH 2024. Die Kommunalaufsicht hat wohl signalisiert, dass sie sogar einen unaus geglichenen HH genehmigen würde, wenn deutliche Bemühungen zur HH Konsolidierung enthalten wären, insbesondere eine Erhöhung der Grundsteuer B oder der Gewerbesteuer. Das bedeutet: wir müssen zwar eine moderate Steuererhöhung vornehmen, aber das noch vor wenigen Monaten bestehende Horror-Szenario, noch einmal nur durch Kürzungen in Millionenhöhe und nur durch einen vollständig ausgeglichenen Ergebnis HH handlungsfähig zu bleiben, ist zum Glück nicht eingetreten. Ich erinnere an den Beginn meiner Rede, wonach jeder Bürgermeister angeblich verpflichtet wäre, unausgeglichene Haushalte als evident rechtswidrig auszusetzen.
Dabei verkenne ich nicht, dass weniger der jetzt zu verabschiedende HH Sorgen bereitet, denn wir haben am Ende eines HH Jahres immer weniger ausg egeben als prognostiziert. So ist von dem für 2022 vorgesehenen Defizit iHv. und 3,1 Mio € am Jahresende nur ein solches von etwa 400.000, € verblieben, also eine positive Differenz von rund 2,6 Mio €. Deshalb sind wir zuversichtlich, dass am Jahresende 2024 kein Defizit von rund 1,1 Mio € verbleibt, sondern eine sog. „schwarze Null.“
Sorgen macht uns hingegen die Auflistung, über die wir heute nicht beschließen; ich meine die Liste des Investitionsstaus von fast 20 Mio € bei den öffl. Gebäuden und ca. 19 Mio € bei Tiefbaumaßnahmen (Anl. 6 11 bei Mandatos „Unterhaltungsstau im Hoch und Tiefbau und Streichung von Mittelanmeldungen vor Einbringung in den Etat“).
Im Namen der FDP-Fraktion bedanke ich mich bei allen Mitarbeitern der Verwaltung, insbesondere bei Herrn Brink und Frau Wulf, die all unsere Fragen zum HH kurzfristig und erschöpfend beantwortet haben. Ich bedanke mich aber auch bei allen anderen Fraktionen, die durch HH Disziplin und eine sachorientierte Zusammenarbeit gezeigt haben, dass im Bendorfer Stadtrat trotz Differenzen zu einzelnen Themen ein angenehmer Umgangston herrscht. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und kündige die Zustimmung der FDP zum HH Entwurf 2024 an.
Herbert Speyerer, 12. 12. 2023